Sozialschein : HVV-Zuschuss verpufft

Um einen Euro erhöht der Senat den Zuschuss zu HVV-Zeitkarten für Hilfeempfänger. Weil die Preise steigen, werden diese aber finanziell nicht entlastet. Sie bezahlen künftig sogar mehr. Dabei übersteigen die Preise jetzt schon den Betrag, der im Regelsatz zur Verfügung steht.

Zu rasant für Empfänger von Sozialleistungen: die Preissteigerung beim HVV

Hamburg erhöht den Zuschuss zu HVV-Monatskarten für Hilfeempfänger ab Januar 2013: Dieser steigt dann von 18 Euro auf 19 Euro. Das beschloss der SPD-Senat am Dienstag. Gleichzeitig hebt der HVV seine Preise an: im Durchschnitt um 3,5 Prozent. Für Monatskarten heißt das: Sie werden zwischen 1,40 Euro und 5,70 Euro teurer. Die Preise für die häufig genutzten Tickets für den Großbereich, inklusive sogenannter CC-Karten mit zeitlicher Beschränkung, steigen um mindestens 2 Euro. Das bedeutet: Trotz höherem Zuschuss werden die Tickets für Hilfeempfänger teurer.

SPD-Politiker feierten den von ihnen beschlossenen erhöhten Zuschuss. „Wir wollen, dass möglichst viele Hamburgerinnen und Hamburger den ÖPNV nutzen und auch diejenigen dabei unterstützen, die finanziell nicht so gut ausgestattet sind“, sagte Ksenija Bekeris, Fachsprecherin Soziales der SPD-Fraktion: Aus diesem Grund freue ich mich, dass nun der Zuschuss für die Sozialkarte steigt, damit besonders bedürftige Personen von der notwendigen Tarifanpassung im HVV weniger stark belastet sind.“ Martina Koeppen, SPD-Fachsprecherin für Verkehr, bezeichnet die Anhebung als „wichtig und notwendig“. Frank Horch, Senator für Wirtschaft und Verkehr findet: „Besonders erfreulich ist, dass es im Rahmen der Tarifanpassung gelungen ist, den Zuschuss der Stadt für das Sozialticket anzuheben.“

Was Politiker gerne „Sozialticket“ oder „Sozialkarte“ nennen, ist nicht etwa eine verbilligte Fahrkarte. Stattdessen ist es so: Hilfeempfänger können beim Amt einen Sozialschein beantragen. Damit erhalten sie beim HVV eine Ermäßigung beim HVV auf Monatskarten – bisher 18 Euro, ab Januar 19 Euro. Damit diese preisreduzierte Karte gültig ist, müssen sie den Sozialschein dabei haben.

Hinz&Kunzt geht davon aus, dass Hilfeempfänger eine Karte für den Großbereich und ohne zeitliche Beschränkung benötigen. Sie wohnen meist nicht so zentral, dass ihnen ein Ticket für zwei oder drei Zonen ausreicht. Außerdem müssen sie jederzeit Behörden-, Vorstellungs- oder Beratungstermine wahrnehmen können. Die günstigeren CC-Karten (die zwischen 6 Uhr und 9 Uhr und 16 Uhr und 18 Uhr nicht gültig sind) eignen sich daher nicht.

Eine zeitlich ungebundene Monatskarte für den Großbereich kostet derzeit für einen Hilfeempfänger 67,05 Euro (im Abo 59 Euro, siehe Tabelle). Beispielsweise für Hartz-IV-Empfänger unbezahlbar. Im Regelsatz für eine alleinstehende Person sind gerade einmal 23,56 Euro für Mobilität vorgesehen (ab 2013 wegen Regelsatzerhöhung: 24 Euro). Das reicht selbst für eine CC-Karte des HVV nicht. Für den Großbereich kostet die einen Sozialschein-Inhaber 35 Euro (im Abo 25,50 Euro).

Ab 2013 wird es für Hilfeempfänger – trotz höherem Zuschuss – noch schwieriger, sich Zeitkarten zu leisten: Mit Sozialrabatt kosten Monatskarten für den Großbereich ohne Zeitbeschränkung dann 77,90 Euro, im Abo 60,90 Euro. CC-Karten schlagen mit 36,40 Euro (Abo: 26,50 Euro) zu Buche.

Hinz&Kunzt fordert die Wiedereinführung eines echten Sozialtickets. Ein solches gab es in Hamburg bis 2003. Damals schaffte die Regierungskoalition aus CDU, FDP und Schill-Partei es ab. Zwar galt das Sozialticket nur außerhalb der Hauptverkehrszeiten, doch es war bezahlbar: Hilfeempfänger zahlten damals 15,50 Euro, die Sozialbehörde 13,25 Euro als Verlustausgleich an den HVV. 20.000 Sozialhilfeempfänger und Arbeitslose nutzten es. Die Sozialkarte, die es heute gibt, wurde 2009 eingeführt. 58.000 Hamburger haben sie.

Text: Beatrice Blank
Foto: Mauricio Bustamante

Genauere Informationen zur „Sozialkarte für Empfänger von Sozialleistungen“: www.hamburg.de/sozialkarte 

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